Koalition in der Krise

Koalition in der Krise

Das Problem dieser Koalition trägt nach rund 100 Tagen nicht das Namensschild Friedrich Merz oder Lars Klingbeil. Dass der Motor von Union und SPD dermaßen heftig stottert, ist ein individuelles Versagen von Jens Spahn. Der Mann ist als Vorsitzender der größten Fraktion im Bundestag ganz offensichtlich überfordert – strategisch, organisatorisch, inhaltlich, rhetorisch und charakterlich. Und wenn er den Motor weiterhin derart unsachgemäß in viel zu hohe Drehzahlen jagt, wird ein Totalschaden bald nicht mehr zu vermeiden sein.

Spahn trägt die Verantwortung für die Koalitionskrise, die sich mit der Nominierung der Juristin Frauke Brosius-Gersdorff unaufhaltsam entwickelt hat. Man kann für oder gegen die Richterin sein, aber das Verfahren, das Hin und Her der Union, war bis dahin beispiellos. Ein solches Desaster passiert einem kompetenten Fraktionsvorsitzenden nicht. Dass Spahn nun zu allem weitgehend schweigt (ähnlich wie beim Masken-Thema), verrät seine Führungsschwäche.

Heftige Verstimmung

Es reicht zur Schadensbegrenzung nicht, wenn die getreuesten der getreuen Parteifreundinnen und -freunde in der Union das Thema zu einem kaum relevanten Nebenschauplatz kleinreden; denn die Verstimmung bei der SPD ist bemerkenswert heftig. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch schreibt in einem Brief an seine Fraktion von „erschüttertem Vertrauen“. Wörtlich heißt es: „Vielleicht fragen sich einige von Euch, wie belastbar diese Koalition überhaupt noch ist, wenn sich der andere Partner nicht an Absprachen hält.“ Diese Frage sei in dem Zustand, in dem sich die Unionsfraktion in dieser Sache präsentiert habe, berechtigt. Zu den Spielregeln des Regierens gehörten Verlässlichkeit, Zusammenhalt und Verantwortung. „Dass sich zentrale Teile der CDU/CSU-Fraktion am Ende davon distanziert haben, erschüttert nicht nur Vertrauen, sondern stellt das Fundament infrage, auf dem demokratische Zusammenarbeit überhaupt möglich ist. Damit verspielt man Vertrauen in die Demokratie.“

Mit zwei Sätzen hatte schon im Juli Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die schwarz-rote Krise zusammengefasst: „Die Koalition hat sich jedenfalls selbst beschädigt. Natürlich rührt das auch an der Autorität des Parlamentes.“

Alarm!

Es ist noch nicht der Anfang vom Ende dieser Koalition. Aber es ist Alarm und erfordert die dringende Notwendigkeit, die Kommunikation zu ändern. Es kommt nicht nur auf die Zusammenarbeit zwischen Merz und Klingbeil (die funktioniert!) an, sondern auf die „Chemie“ zwischen den beiden Fraktionschefs. Miersch geht in seinem Brief trotz seiner scharfen Kritik noch von einer tragfähigen Basis mit der Union aus und schreibt: „Ich bin überzeugt, dass wir diese Haltung, trotz aller Reibung, in der Substanz weiterhin mit unserem Koalitionspartner teilen.“

Der Ernst der Lage

Hoffentlich behält er recht: Denn wie wollen Union und SPD das verloren gegangene Vertrauen in die Parteien der Mitte zurückholen, wenn sie so weiter machen wie bisher? Union und SPD gehen noch nicht angemessen mit ihrer großen Verantwortung für dieses Land um. Den beiden Parteivorsitzenden muss es besser gelingen, ihre Parteien und vor allem ihre Fraktionen vom historischen Ernst der Lage zu überzeugen. Nur mit neuem Geld, sprich mit neuen Schulden, sind Wende und Aufbruch nicht zu schaffen. Ohne wirkliche Reformen ist Deutschland nicht zu helfen. Nur daran wird diese Regierung letztlich gemessen.

3 Gedanken zu „Koalition in der Krise

  1. Genau so ist es – und man sieht jetzt schon, dass diese Regierung auch nicht „das Gelbe vom Ei“ ist, wie sie es versprochen hatte! Wenn sich das nicht bald ändert, geraten wir tatsächlich in „Teufels Küche“ und unsere Politiker(innen) wundern sich wieder, wie sowas geschehen kann!

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