
„Jeder CHIO Aachen ist anders!“
Der CHIO Aachen spielt (noch) die Hauptrolle. Erst nach dem Turnier 2025 beginnen die finalen Vorbereitungen für die Weltmeisterschaft 2026 in Aachen. Ein Gespräch mit Michael Mronz, dem Geschäftsführer der Aachener Reitturnier GmbH (ART). Mronz ist seit 28 Jahren Geschäftsführer der ART. 2023 wurde der 58-Jährige als dritter Detuscher in das Intermationale Olympische Komitee (IOC) aufgenommen.
Ist der CHIO Aachen 2025 mit dem Blick auf die Weltmeisterschaft 2026 in Aachen für Sie anders als sonst?
Michael Mronz: Jeder CHIO Aachen ist anders! Das fängt mit dem Partnerland an. Wir freuen uns in diesem Jahr sehr auf Spanien und natürlich besonders auf die Eröffnungsfeier. Die wird spektakulär und unterhaltsam. Der komplette Fokus ist aktuell voll auf den CHIO gerichtet. Klar planen wir parallel für die WM und können dabei auf den großen Erfahrungswert der WM 2006 in Aachen zurückgreifen. In die finale Vorbereitung starten wir aber erst nach dem CHIO 2025.
Was, außer dem Partnerland, ist denn 2025 anders, kann es bei der vorhandenen Infrastruktur überhaupt noch wesentliche Veränderungen geben?
Mronz: Wenn es keine Veränderungen gäbe, würden wir etwas falsch machen. Ein gutes Beispiel dafür ist die digitale Kommunikation, ein Feld, in dem wir uns ständig erweitern und verbessern, nicht nur mit der Optimierung in den einzelnen Kanälen, sondern auch in der Anzahl der Kanäle.
Und das bedeutet konkret zum Beispiel?
Mronz: Was die digitale Kommunikation angeht, so haben wir einen Podcast neu dazu genommen, der sehr erfolgreich ist. Dazu erhalten wir von den Sportlerinnen und Sportlern immer wieder interessante Erfahrungswerte, die wir für unsere Veranstaltung berücksichtigen. Auf der Partnerseite freuen wir uns über das neue Engagement der UBS, einem der weltweit führenden Vermögensverwalter. Die internationale Strahlkraft des CHIO Aachen ist ungebrochen, dafür stehen Unternehmen wie Rolex, Turkish Airlines, UBS. Der CHIO Aachen ist die größte Sportveranstaltung Deutschlands und die größte Reitsportveranstaltung der Welt. Ein weiteres Thema ist der CHIO Aachen CAMPUS, der sich neben vielen exklusiven und exzellenten Angeboten intensiv wissenschaftlich mit dem Reitsport beschäftigt. Diese Breite an Themen macht den Erfolg in Aachen aus – den Erfolg eines ausgezeichneten Teams mit einer fantastischen ALRV-Präsidentin Stefanie Peters an der Spitze und mit der Positionierung des CHIO Aachen als wertvolle Marke. Das hat seinerzeit schon der heutige ALRV-Ehrenpräsident Klaus Pavel initiiert.
Die größte Sportveranstaltung in Deutschland und der ständige und konsequente Ausbau der Digitalisierung – setzt Aachen damit überregional besondere Akzente?
Mronz: Die Menschen schenken uns das Zweitwichtigste, das sie haben: nach ihrer Gesundheit ihre Zeit. Unser Anspruch ist, dass die Besucherinnen und Besucher mit einem Lächeln nach Hause gehen und sagen: Das war toll, das hat sich gelohnt, das erzähle ich gerne weiter, ich komme wieder. Und das erkennt man gut an den wachsenden Zuschauerzahlen. Die Grundlage dafür ist die ständige Beschäftigung mit der Frage, wie eine moderne Sportveranstaltung der Zukunft aussieht und aussehen muss. Nur wenn man in Themen investiert, kann man ernten – die Begeisterung des Publikums!
Und wie sieht eine moderne Sportveranstaltung der Zukunft aus?
Mronz: Das beinhaltet verschiedene Elemente: Spitzensport, gleiche Bezahlung für Frauen und Männer – da haben wir gegenüber anderen Sportarten schon einen Vorteil -, dann das Thema Digitalisierung mit der Nutzung verschiedener Kommunikationsmöglichkeiten. Hier gibt es kein Entweder-Oder, keine Konkurrenz, sondern nur ideale Ergänzungen. Ein weiterer Punkt ist die Integration von jungen Reiterinnen und Reitern in die Marke CHIO Aachen. Der Wettbewerb wird globaler, und je früher wir die jungen Sportlerinnen und Sportler an die Marke binden, desto intensiver werden sie Aachen als place to be sehen. Ganz wichtig ist auch das Thema Inklusion. Bei der WM 2026 werden wir die Para-Dressur mit dabeihaben und wollen sie dann zukünftig auch dauerhaft beim CHIO inkludieren. Und natürlich geht es überall auch um das Thema Nachhaltigkeit. Wir wollen zeigen, wie eine moderne Veranstaltung aussehen kann und so Standards setzen. Der CHIO Aachen ist längst eine ganzjährige Veranstaltung, vor allem auch durch den CHIO Aachen CAMPUS. Wir haben mittlerweile außerhalb des großen Turniers rund100 andere Veranstaltungstage. Auch das gehört zu unserem Verständnis von einer modernen Sportveranstaltung.

Bei Ihrem Kongress chiotec spielen diese Themen eine große Rolle und es geht vor allem um interdisziplinäre Lösungen und nachhaltige Geschäftsmodelle über den Sport hinaus. Das ist ein hoher gesellschaftspolitischer Anspruch. Wo sehen Sie als IOC-Mitglied Deutschland da im internationalen Vergleich?
„Der Aspekt der Nachhaltigkeit spielt für das IOC eine große Rolle“
Mronz: Bei Digitalisierung, Infrastruktur, Investitionen stehen wir nicht an vorderster Position in Europa und der Welt, das ist keine Überraschung, klar. Wir wollen eine Plattform sein, um Lösungsideen zu entwickeln. Der Beitrag von chiotec soll es sein, den Rahmen dafür zu schaffen, nicht die Lösungen zu liefern. Wir wollen die Personen zusammenbringen, die dazu wesentliche Beiträge leisten. Deutschland ist nicht arm an Ideen, wir sind ein Land der Dichter und Denker. Aber Projekte wie der Berliner Flughafen, Stuttgart 21, die Elbphilharmonie, die Oper in Köln und andere haben eins gemeinsam: Sie sind und waren deutlich später fertig als ursprünglich geplant. Beim Internationalen Olympischen Komitee haben wir die Erfahrung gemacht: Wenn die Olympischen Spiele an ein Land vergeben werden, dann können dort bestimmte Projekte zügiger umgesetzt und mit einem Zieldatum versehen werden. Durch die Spiele, nicht für die Spiele. Zwei Beispiele aus Frankreich: 1. Durch die Olympischen Spiele konnte endlich realisiert werden, dass es an den Schulen jeden Tag eine halbe Stunde Sport gibt. 2. Schon der frühere Bürgermeister von Paris (1977 bis 1995), Jacques Chirac, hatte das Ziel, die Seine zu rekultivieren. Selbst als Staatspräsident konnte er es nicht umsetzen. Jetzt, durch die Spiele, ist die Seine rekultiviert worden. Der Aspekt der Nachhaltigkeit spielt für das IOC eine große Rolle. Nicht zuletzt deshalb haben wir zweistellige Bewerberzahlen für die Vergabe der nächsten Spiele.
Und da spielen die Nachhaltigkeitskriterien wirklich eine wesentliche Rolle?
Mronz: Ja. Paris hat eins gezeigt: Es braucht keinen Gigantismus! Die Agenda 2020 des IOC wirkt: Nutze, was vorhanden ist. Baue neu, wenn es nachhaltig in der Nutzung ist. 95 Prozent der Sportstätten für Olympia waren bereits im Vorfeld vorhanden oder wurden ressourcensparend temporär errichtet. Olympia nah zu den Menschen mitten in die Stadt zu bringen, hat sich ausgezahlt und sendet die Botschaft: Olympische und Paralympische Spiele müssen zu einer Stadt passen, nicht umgekehrt.
Zurück zum CHIO Aachen. Es gibt mehr Zuschauerinnen und Zuschauer als je zuvor, mehr Umsatz als je zuvor, die längsten Fernsehzeiten…
Mronz: Bei den Fernsehzeiten steigen wir, das geschieht nicht automatisch so. Wir schauen genau, wo wir welche Zielgruppe abholen, über Streaming oder eher übers lineare Fernsehen. Das funktioniert sehr, sehr gut.
Welche Herausforderungen gibt es sonst mit Blick auf zukünftige Strukturen?
Mronz: Wir müssen in der Infrastruktur bei uns auf der Anlage wachsen, um in den Bereichen Jugend und Inklusion in einer modernen Infrastruktur etwas anbieten zu können. Für uns ist es wichtig, die Kompetenz, die wir im Reitsport haben, zurückzugeben, etwa über den CHIO Aachen CAMPUS mit seiner Vielzahl an Education-Programmen im Spitzensport, im Breitensport bis hin zum Kids Day und eher lokal verankerten Themen. Auch hier integrieren wir die moderne Technik mit Exzellenz-Clustern, in denen zum Beispiel Ritte digital aufgenommen und ausgewertet werden. Für uns ist nicht mehr die Frage, wo wir digital denken und eine KI einsetzen, sondern wo wir sie ausnahmsweise nicht einsetzen.
Das Thema Erweiterung mit neuer Halle und einem weiteren Platz ist schon in die Jahre gekommen. Wie ist der aktuelle Zeitplan beim Sportpark Soers?
Mronz: Unser Vorstand Philip Erbers arbeitet unermüdlich an diesem Projekt und macht da einen großartigen Job in der Zusammenarbeit mit der Stadt Aachen, mit der er ständig im Austausch steht. Wir sind in einem sehr partnerschaftlichen Dialog. Der Zeitplan wird gerade festgezurrt. Kurzfristig ist abgestimmt, das war ja auch öffentlich schon zu lesen, dass der Abriss des ehemaligen Polizeipräsidiums bis zu WM gestartet sein wird. Parallel dazu nutzen alle Beteiligten die Zeit für die weitere Abstimmung, damit eben dieser Abriss nach der WM schnellstmöglich abgeschlossen wird und wir in die Bauphase starten können. Der Plan ist, dass wir die Freiflächen des Polizeipräsidiums während der WM mindestens genauso umfassend für die Logistik nutzen können wie beim CHIO Aachen.
Und im nächsten Jahr, so haben Sie es über Social Media formuliert, werde mit der WM in Aachen wie schon 2006 Sportgeschichte geschrieben, 2006 gelte als das bisher großartigste Championat in der Geschichte des Pferdesports. Damit haben Sie sich selber eine hohe Hürde für nächstes Jahr gelegt.
Mronz: Nicht ich, sondern wir als Team. Den Erfolg von 2006 haben wir als Team errungen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir 2026 auf die Erfahrung von 2006 aufbauen und wieder ganz besondere Weltmeisterschaften haben werden. Wir freuen uns, dass wir Para mit inkludiert haben, und das Thema Digitales wird gewiss ein ganz anderes sein als 2006.
Das Interview ist in der Sonderausgabe des Stadtmagazins BAD AACHEN zum CHIO Aachen 2025 erschienen.
Titelfoto: CHIO Aachen/Andreas Steindl