Das mobile Aachen

Das mobile Aachen

Ja, reden wir über Mobilität, weil sie ein wichtiger Teil beim großen Thema Klimawandel und bei den Perspektiven und den unbedingt notwendigen Maßnahmen für die Innenstädte ist. Auch und gerade für Aachen.

Aachen ist eine faszinierende Stadt. Sie lebt gleichermaßen von ihrer beeindruckenden Historie und ihrem rheinisch-maasländischen und zuweilen mediterran angehauchten Flair, von der großartigen Kompetenz ihrer Wissenschaft und Technologie, von ihrem Handel, ihrer Kultur, ihrer Lebensfreude, ihren Initiativen, ihren großen und kleinen Veranstaltungen, von ihrem Sport, ihren Start-ups, ihren Vereinen, ihren Gestalterinnen und Gestaltern.

Sie ist aber nicht verwöhnt von meisterlichen Plänen, von einem tatsächlich und nicht nur plakativen Bürger-Dialog, von einer Stadtverwaltung, die Dinge handelnder Personen aktiv fördert statt zu be- und verhindern. Sie profitiert nicht von einer Streitkultur, die im Austauch sich widersprechender Ansichten, Meinungen und Argumente die Basis für einen Aufbruch schafft, den diese wunderbare Stadt verdient hätte. Wie schön ist und wäre eine weitestgehend autofreie Innenstadt, ein Eldorado rücksichtsvoller Radfahrerinnen und -fahrer und gefahrlos flanierender Fußgängerinnen und -fußgänger! Reallabore reichen da nicht, so richtig und wichtig solche Experimente sind – Irrtum eingeschlossen, das ist nicht schlimm, sondern führt zu neuen Erkenntnissen.

Wege freimachen
Neue Wege gehen: Dafür braucht eine Stadt Dialog und Streitkultur. Foto: B. Mathieu

Es wird polarisiert auf Nebenschauplätzen, die abgepollert und mit neuen, alten, neumodischen oder nostalgischen Laternen schwach beleuchtet werden. Man diskutiert engagiert über den offensichtlich für einen ungefährdeten Aufenthalt beim Weihnachtsmarkt störungsfreien Standort der 16. Hütte, über vegetarische Fingerfoods, die zu essen niemand gezwungen wird und die nach meiner Lebenserfahrung niemals der Antrieb sind, eine wichtige Veranstaltung im Rathaus zu besuchen. Was für überlebenswichtige Themen, meine kaiserstädtischen  Damen und Herren!

Wer eine Hauptthema-Debatte will, sollte die Instrumente dafür schaffen – direkt, online, mindest so professionell wie das unsere Freundinnen und Freude in Ostbelgien schon lange tun. Übernehmt es doch einfach! Lasst Euch den Dialog etwas kosten! Der ist wichtiger und wesentlicher und zielführender als die belanglosen Allgemeinplätze in manchen Erklärungen des städtischen Presseamts und einer  Dezernentin. Und den kommunalen Stadträtinnen und -räten, den führenden Verwaltungsleuten sei empfohlen: Stellt nicht jeden, der etwas kritisiert als Nörgler, als Gegner der parteilosen Oberbürgermeisterin oder als ahnungslosen Störer und jammernden Kritikaster dar. Haltet Widerspruch aus! Der ist ein Grundpfeifler der Souveräntität.

Die Mobilität braucht Akzeptanz, sie braucht einen großzügig angelegten Plan und keine kleinkarierte Straßenabschnittsteillösung. Jetzt haben sich Einzelhändler und Tourismus-Verantwortliche im Mobilitätsausschuss über Missstände in der Innenstadt beschwert. Sie wurden abgespeist mit nichtssagenden Antworten und mit der Äußerung der Stadtbaurätin, der Einzelhandel sei nicht mehr das prägende Element in der Innenstadt. Die Geschäfte, der Tourismus haben also kaum noch Marktwert? Da freuen wir uns auf die neuen Zeiten, wenn die Büchel-Wiese die Innenstadt prägt. Warum bleibt der Aachener Einzelhandel so ruhig?

3 Gedanken zu „Das mobile Aachen

  1. Bernd Mathieu beschreibt schnörkellos die Realität in meiner Geburtststadt Aachen. Anstelle von Nörgelei/ Besserwisserei gibt er Hinweise/ Ratschläge, was man besser machen kann- auch nach meiner Meinung besser machen muss. Der Hinweis auf die „lebendig mit ihren Bürgern im Kontakt stehende DG/ Ostbelgien mit MP Oliver Paasch an der Spitze“ sollte ein Anstoß zum ernsthaften Nachdenken und neuen Wegen in Aachen sein. Ich hoffe das sehr, denn Aachen ist eine schöne Stadt.

  2. Lieber Bernd,
    Du hast mal wieder mit deinem journalistischen Können den Nagel auf den Kopf getroffen. Ob es etwas nützt? Oder lassen die von dir angesprochenen Verantwortlichen das schöne Aachen total absaufen? Es wäre schlimm.

  3. Gratulation, Herr Mathieu, mit dieser markanten Beschreibung der aktuellen (Un-)Situation der wunderbaren bzw. wunderbarer sein könnenden Kaiserstadt bringen Sie die Dinge auf den Punkt! Gleichwohl befürchte ich, dass in einer Stadt, in der Ideologie inzwischen deutlich vor Pragmatismus kommt, die Widerstände der immer wieder abgespeisten Akteure noch nicht groß genug sind, um den Verantwortlichen die Dramatik der Entwicklungen deutlich zu machen. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass das Aachener Rathaus und einige Verwaltungsspitzen-Büros inzwischen zu Elfenbeintürmen geworden sind. Altgediente, erfahrene Verwaltungsleute der operativen Ebene hingegen raufen sich die Haare und – so traurig das ist – verlieren ob der immer größer werdenden Frustration immer mehr die Lust, sich mit Ihren, auf Lebens- und Berufserfahrung basierenden Vorschlägen einzubringen. Dabei könnten gerade sie dabei helfen, durch ihre über Jahrzehnte gewachsene sprichwörtliche „Bürgernähe“ die Kommunikation mit der sog. „Stadtgesellschaft“ und den Austausch im Sinne der jeweiligen Sache zu begleiten – dabei wachsen Zweifel, ob das überhaupt gewollt ist. Ich stimme Herrn Etschenberg zu: „Aachen ist eine schöne Stadt“, aber leider wird sie zzt. – sehenden Auges – gegen die Wand gefahren… Wollen wir alle, die diese Stadt so anerkennend betrachten und sich um sie sorgen, hoffen, dass die Verantwortlichen möglichst bald die Zeichen der Zeit erkennen und ihren Auftrag, „ihre Pflichten zum Wohle der Gemeinde zu erfüllen“ (und nicht zur Umsetzung der eigenen präferierten Ideologie) wahrnehmen.

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