Trump, die Deutschen und die EU

Trump, die Deutschen und die EU

Der genialste, klügste, überragendste und in allen Lebenslagen stets „besserwissendste“ Präsident aller Zeiten hat sich nun auch öffentlich und unverblümt auf Deutschland eingestimmt, um das Wort „eingeschossen“ (er würde es wahrscheinlich verwenden) zu vermeiden. „Donald Trump ist zurück im Wahlkampf“, schreibt an diesem Sonntag die Deutsche Presseagentur (dpa), und man ist geneigt zu fragen: War er jemals nicht im Wahlkampf?

Nun denn: Bei der Veranstaltung in der Arena in Tulsa (Olkahoma) hat er seinen begeisterten Fans vorgerechnet, dass Deutschland der NATO wegen unzureichender Verteidigungsausgaben in den vergangenen 25 Jahren eine Billion Dollar schulde. Und dann gibt es da noch die Gas-Pipeline der Russen. Das muss bestraft werden! Also verabschieden sich demnächst fast 10.000 amerikanische Soldaten aus Deutschland. Da jubelte die Trump-Gemeinde!

So macht dieser Präsident Wahlk(r)ampf. Aber was macht man mit Trump? Man heißt: Deutschland, die EU, konkret ab 1. Juli Angela Merkel, wenn Deutschland turnusgemäß für ein halbes Jahr den EU-Vorsitz übernimmt. Wie geht sie dann um mit einem amtierenden und vielleicht im November wiedergewählten Präsidenten, der zwar auf den Verbündeten (darf man das überhaupt noch so nennen?) Deutschland einprügelt, aber kein einziges Mal den Namen des brutal bei einem Polizeieinsatz getöteten Afroamerikaners George Floyd erwähnt? Der riesigen Applaus bekommt, als er sagt: „Wenn die Demokraten an die Macht kommen, dann werden die Randalierer das Sagen haben und niemand wird mehr sicher sein.“  Der behauptet, die Demokraten wollten ein „Unterdrückungsregime“ durchsetzen und den Polizeibehörden die Finanzierung entziehen und sie auflösen.

Angela Merkel und die EU werden wegen dieser aggressiven Form von Wahlkampf schnell Wege finden müssen, die den Umgang mit  den USA und ihrem unberechenbaren Donald Trump ebenso aufzeigen wie mit dem geschickter agierenden, aber ebenso hemmungslosen Autokraten Wladimir Putin.

Merkel hat während der Corona-Krise im Großen und Ganzen gezeigt, dass sie es doch noch kann: großflächig statt kleinkariert zu denken, lösungsorientiert statt mit Machtwortgehabe zu diskutieren, vertrauensbildend statt zänkisch Wege aufzuzeigen. Das waren und sind ihre ganz besonderen Stärken. Sie sind auch und gerade für das zweite Halbjahr immens wichtig. Die Corona-Krise hat mit ihrer Wucht die Kanzlerin gezwungen, nichts  mehr auszusitzen, sondern zügig zu agieren, nichts mehr zu verdrängen, sondern zu handeln, nichts mehr zu beschönigen, sondern Klartext zu reden.

Die EU unter deutschem Vorsitz hat die Pflicht, sich angesichts der dramatischen Weltlage endlich neu zu positionieren. Das ist überfällig. Sie muss, auch wenn es nicht allen passt, mit überzeugenden Argumenten und konkreten Maßnahmen den fatalen Tendenzen der verheerenden Re-Nationalisierung entgegentreten. Sie darf die Zukunftsängste großer Bevölkerungsteile nicht weiter unterschätzen und ausblenden. Das setzt neben einem selbstbewussten Konzept für die Außen- und Sicherheitspolitik intelligente Strategien in der Digitalisierung und im globalen Wettbewerb (China!) voraus. Deutschland hat bald diese Chance – was für eine Chance!

 

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