
Im Kettenkarussell.
Deutschland muss sich verändern. Und wer da mithalten will, soll sich gefälligst darum kümmern. Jetzt. Mit dieser Koalition aus Union und SPD sollte eigentlich die Post abgehen: präzise analysierend, zielgenau beschließend, brillant argumentierend, entgegen dem Mainstream aller verdammten Umfragen zum Trotz das Nötige realisierend. Also: Tut endlich was!
Die Zeiten des Zielgruppen-Schonens müssen nun endlich vorbei sein. Es sei denn, man hat die Förderung der Zielgruppe AfD auf die schwarz-roten Fahnen geschrieben – die der Fahnenträgerin Bas und die des Fahnenträgers Söder. Dann weiter so mit diesem Murks.
Kluge Köpfe, geschüttelt.
Es gibt in den drei Parteien CDU, SPD, CSU eine Reihe kluger Köpfe, manche schweigen und schütteln sich. Zum Beispiel wenn trotz eines „Sondervermögens“ von 500 Milliarden Euro beim Bund kein Geld für längst beschlossene und genehmigte Verkehrsinfrastruktur in den Bundesländern da sein soll. Und morgen mit dem Bau an Brücken, Schienen, Straßen begonnen werden könnte. Aber da tut sich nichts, wesentliche Großprojekte werden verschoben. Dieses Zeugnis des Versagens ist AfD-Wahlhilfe pur.
Angeblich, der SPIEGEL berichtet heute darüber, lasse die Deutsche Bahn Züge vorsätzlich ausfallen, obwohl sie trotz Verspätung Personal, Fahrgäste und Strom haben und fahren könnten. Da ausgefallene Züge nicht in der Unpünktlichkeitsstatistik auftauchen, sollen angeordnete und gar nicht nötige Ausfälle gang und gäbe sein. Wenn’s stimmt: Dann wäre das ein Skandal erster Güteklasse. Und schon wieder zugunsten, na, Sie wissen schon: der AfD.
Rudel-Denken.
Der Norddeutsche Rundfunk, öffentlich-rechtlich und nicht irgendein privates Bunte-Bilder-Quiz-Promi-Senderchen, setzt eine Sendung mit ihrer Moderatorin ab, weil die junge Frau wohl zu konservativ ist. Sie entspricht nicht dem linksorientierten Rudel-Denken der Mehrheit der NDR-Fernsehredakteurinnen und -redakteure. Also: weg damit! So lässt sich dann trefflich – wie gerufen! – über Meinungsfreiheit auch in deutschen Fernsehsendern diskutieren und spekulieren. Zugunsten: siehe oben.
Leider könnte man die Liste staatlicher und öffentlicher Defizite fortsetzen, das ist eine ziemlich umfangreiche Ansammlung in diesen unseligen Zeiten der nationalen und vor allem internationalen Kulturkämpfe des digitalen und zuweilen social-media-verseuchten Kapitalismus und Nationalismus.
Das Verstörende an diesen Beschreibungen ist, dass sie ziemlich ungemütlich wirken, weil sie keine Übertreibung, sondern meistens eine zutreffende Analyse deutscher und europäischer Befindlichkeiten darstellt.
Digitale Achterbahnen.
Wer jetzt nicht aufpasst, wer jetzt nicht zügig entscheidet, was zu tun ist, wer jetzt nicht in den wesentlichen Fragen von Sozialsystemen, Migration, Bildung, Energie und Klima, Wohnen und Bürgergeld Dinge anders gestaltet und strukturiert, wer nicht konsequent mit Traditionen und lieb gewonnenen Gewohnheiten bricht und sich weiterhin unverdrossen im beschaulichen Ketten-Karussell im Kreise dreht, der muss in Kauf nehmen, dass andere ihn in den digitalen Achterbahnen der Veränderung gnadenlos überholen.
Europa- und weltweit sind die politischen Führungskader regelrecht ausgedünnt, alte Industriegruppen beschädigt, schnelle Internetwirtschaft längst auf allen verfügbaren Überholspuren führend. Der Schaltplan unserer Gesellschaft hat sich dramatisch verändert. Und wir vernachlässigen die Goldstücke unserer Gesellschaft: die extraordinären Wissenschaftler, die jungen Start-ups, die Patente, wir versäumen es noch immer, diese wertvollen „Rohstoffe“ zu veredeln.
Das SPD-Desaster.
Zurück zur Politik und der Bundesregierung: Das parteipolitische Desaster der SPD, zuletzt bei der NRW-Kommunalwahl, schwächt unsere Demokratie. Es ist ein Beispiel für leichtsinniges Verdrängen. Diese wichtige Partei braucht keinen Linksruck, sondern gesunden Menschenverstand, etwa den ihres Parteigenossen Sören Link. Der ist Oberbürgermeister in Duisburg. Während „Bullshit“-Bärbel sich die verheerende NRW-Wahl schön redet („Es hätte schlimmer kommen können“), spricht Link Klartext. Wörtliches Zitat: „Ich bin Mitglied der Partei der Arbeit geworden, bin für soziale Gerechtigkeit. Ich habe keine Lust, verarscht und beschissen zu werden. Das ist aber genau das, was da passiert.“ Der Bild-Zeitung sagte er kurz nach der Kommunalwahl, er wolle „die Menschen, die traditionell SPD gewählt haben, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die Mitte der Gesellschaft bilden, die hart arbeiten und morgens früh aufstehen“, nicht aufgeben.
Ja, auch solche Sozialdemokraten gibt es (noch). Und mit Verdruss liest man dann die AfD-Wahlergebnisse in Alsdorf, Eschweiler oder Übach-Palenberg in ehemals knallroten Wahlbezirken.
Unbeliebt. Na und!
Union und SPD müssen jetzt ihre Scharmützel wegen nachgeordneter Themen und Personalien beenden und dieses Land klima-, verkehrstechnisch-, bildungsfördernd und mit nachhaltigen zukunftsorientierten Lösungen in der Sozialpolitik wieder auf Kurs bringen. Da sind wegweisende Vorgaben einer zuweilen sich auch unbeliebt machenden Führung gefragt, erst in zweiter Reihe Kommissionen und ganz weit unten die übliche Partei-Rhetorik.
2 Gedanken zu „Im Kettenkarussell.“
Auch hierbei – wie bei so vielen Ihrer Kommentare – kann ich Ihnen nur zustimmen! Was die von uns neu gewählte schwarz-rote Regierung bisher für die Wähler(innen) getan haben soll, ist für mich noch nicht zu erkennen! Die halten sich – genau wie die alte Ampel – nur an parteiinternen Streitereien auf! Was sie damit unserer Demokratie und ihren Wählern(innen) antun, merken die überhaupt nicht mehr! In ihrer „Berliner Blase“ geht denen alle das Leben von normalen Menschen verloren! Damit spielen sie genau in die Arme der AfD – obwohl die ja überhaupt nichts vernünftiges in ihrem Programm haben. Weshalb auch, die bestehenden Regierungen arbeiten der voll in die Arme! Armes Deutschland!!
Was soll das? „Zugunsten der AfD“ hört sich so an, als ob man den Teufel abwehren will. Geben Sie doch zu, dass es eine „Brandmauer“ nur gibt, weill es sich so schön mit den Pauschalen und Erstattungen der Mandatsträger leben lässt und man alles Mögliche vorschiebt, um sich nicht davon verabschieden zu müssen. Die Menschen, die sich in der AfD engagieren sind Fleisch von Fleische der ehemaligen „Altparteien“ und haben vermutlich viel eher erkannt, dass die etablierten Akteure nicht im Sinne ihrer Amtseide handeln. Es reicht mit der pauschalisierten „Warnung vor dem 4.Reich“, falls die AfD eine Regierungsbeteiligung bekommt! Die amtierenden Politiker beweisen tagtäglich, dass sie keine Konzepte haben, kein überzeugendes Handeln erkennen lassen und vor allem kein Vertrauen mehr verdient haben. Und ihre Politik deutet schwer darauf hin, dass (siehe oben) ihr eigenes Portemonnaie wichtiger als das Gemeinwohl dieses (herabgewirtschafteten) Landes ist.