Der neue FH-Rektor. Ein Porträt.

Der neue FH-Rektor. Ein Porträt.

Er macht das mit Leidenschaft: FH, Lehre, Forschung, Buchautor, Dekan, jetzt Rektor. Bernd P. Pietschmann interessiert sich für Menschen und ihre Talente. Die fördert er. Auch als Unternehmer in  seiner Firma „ConTrainAix“.

Der 1. September war sein erster Arbeitstag als neuer Rektor der FH Aachen. Im Gespräch spürt man, wie engagiert der Professor für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Personalmanagement diese anspruchsvolle Aufgabe angeht, wie genau er sie geplant hat, kurzum: Er weiß, worauf er sich eingelassen hat, was und wer auf ihn zukommt. Pietschmann hat Erfahrungen mit Hochschulen und Unternehmen. Renommierte Namen findet man in der Referenzliste seiner eigenen Firma, um die er sich als Rektor kaum noch kümmern wird und kann. Das betrübt ihn nicht, weil ihn das Amt des Rektors fasziniert.

Sein ursprünglicher und sehr früher Berufswunsch gab keinen Hinweis auf seine wissenschaftliche Karriere. „Ich bin auf dem Bischöflichen Pius-Gymnasium sozialisiert worden, ich wollte Priester werden. Ich bin es nicht geworden, weil ich meine Frau kennengelernt habe – mit 15 in der Tanzschule.“ Welche Erwartungen und Überzeugungen hat er damals mit dem Priesteramt verbunden? „Die eine Überzeugung ist der Glaube, die andere war, dass man in der katholischen Kirche etwas bewegen kann. Im Kern war es das Thema, den Menschen zugewandt zu sein. Das zieht sich durch alles durch, das ich bis heute mache.“

Wie hat Corona die FH verändert? „Die guten Erfahrungen sind die Schnelligkeit, mit der die FH die notwendigen Dinge umgesetzt hat. Es gab keine Möglichkeit mehr, 300 Erstsemester in einem Hörsaal zu versammeln. Dieses ,Geht-Nicht’ hatte eine Anlaufzeit von zwei Wochen, schon in der dritten Woche funktionierte die digitale Alternative – die Studierenden haben das sehr goutiert und uns dafür gelobt.“ Das dürfe aber nicht dazu führen, dass die FH in Zukunft keine Präsenz-Hochschule mehr sei. „Ich werde alles daran setzen, dass wir das möglichst schnell wieder werden.“ Die zusätzlich gewonnene Digital-Kompetenz werde dabei berücksichtigt. „Diese positiven Effekte werden bleiben.“

Der neue Rektor sieht auch negative Effekte: „Die Arbeitsverdichtung, also ein Termin hinter dem anderen, und das ständige Sitzen vor dem Gerät ohne Pausen, ohne Ablenkung. Man sieht manchen Studierenden Erschöpfungszustände an.“ Man brauche nun unbedingt wieder den persönlichen Austausch. „Den anderen zu erleben, damit wir dauerhaft eine Vertrauenssituation aufbauen, ist enorm wichtig. Gerade wir als Hochschule leben vom Gemeinsamen, vom Wir, das kommt jetzt deutlich zu kurz.“

Dieses Teamwork jungen Menschen nahezubringen, ist ihm ein wichtiges Anliegen auch im neuen Amt. „Ich bin jetzt lange genug im Geschäft und habe das Gefühl, dass die Gesellschaft heute Einzelkämpfer produziert und es viele gibt, die nicht verstehen, dass man alleine nie so weit kommt wie gemeinsam mit anderen. Zu viele glauben: Entweder ich gewinne, oder der andere gewinnt, das gemeinsame Gewinnen erlebe ich eher selten, das müssen wir unseren Studierenden beibringen.“

Wann stand fest, dass er Rektor werden wolle? „Das war ein langer Prozess.“ Als er gefragt wurde, ob er sich vorstellen könne, Nachfolger von Marcus Baumann, dem langjährigen FH-Rektor, zu werden, hat er nicht spontan zugestimmt, sondern sich zunächst intensiv mit der Frage beschäftigt. „Ganz behutsam.“ Und überlegt, mit welchem Team er das machen könne und wolle. In dem potenziellen Team wurde über erste Inhalte gesprochen. Danach formulierte Pietschmann wichtige Punkte für seine, wie er es nennt, „Regierungserklärung“. „Als die fertig war im Frühjahr letzten Jahres, hatte ich ein gutes Gefühl und habe dann gesagt: Jetzt geht’s los!“

Eine so große FH zu leiten, sei eine Herausforderung, „aber keine, die mich bange macht, sondern eine, die mich anspornt“. Wird er etwas vermissen in seinem neuen Alltag? „Ganz ehrlich: Ich werde nichts vermissen, nicht weil die heutige Situation schlimm ist, sondern weil das Andere so erfüllend ist. Sie können etwas Erfüllendes durch etwas Erfüllendes ersetzen, dann vermissen Sie nichts.“ Extrem schade sei natürlich, dass man als Rektor nicht mehr in der Lehre aktiv sein könne. „Man muss aufpassen, den Kontakt zu Studierenden nicht zu verlieren.“

Fragen. Antworten.

Was zeichnet die FH Aachen besonders aus?

Pietschmann: Wir bilden auf sehr hohem Niveau und gleichzeitig praxisnah aus. Die DNA der FH Aachen macht zudem aus, dass wir Grundvertrauen zueinander haben, miteinander kommunizieren und eine hohe Transparenz in unserer Arbeit haben. Ich finde die FH toll, bin stolz auf ihre exzellenten Rankings und glaube, dass unsere Hochschule sich mit anderen gar nicht vergleichen muss. RWTH und FH haben unterschiedliche Grundaufträge. Wir bilden berufsqualifiziert aus. Die RWTH bildet eher für Wissenschaft und Forschung aus. Das  ist ein wunderbares Miteinander. Die FH ist am Puls des Mittelstands und bildet für diese Unternehmen aus.

Welche Wünsche und Ziele haben Sie als Rektor?

Pietschmann: Den Wunsch, dass mir genug Zeit bleibt, dass meine Tür immer offen steht und das Ziel, was heute gut ist, noch besser zu machen.

Wie sehen Sie Ihre Rolle als Rektor – eher als Moderator oder Entscheider, als Repräsentant oder als Ideenentwickler?

Pietschmann: Von allem etwas. Entscheidend ist die Reihenfolge. Ich bin vor allem Kommunikator. Dann bin ich derjenige, der sich um die ihm anvertrauten Menschen kümmert und da auch Problemlöser sein möchte. Im Team Ideenentwickler. Und natürlich auch Entscheider, das geht gar nicht anders.

In welchem Verhältnis stehen an der FH Aachen Forschung und Lehre?

Pietschmann: Lehre spielt natürlich die erste Rolle. Sie ist unser Hauptauftrag. Aber die FH Aachen hat einen extrem hohen Forschungsanteil und ist damit immer sehr gut unterwegs. Das soll sich nicht ändern.

Welche persönliche Bedeutung hat die Stadt Aachen für Sie? Was bietet Sie Ihnen, was vermissen sie?

Pietschmann: Aachen ist mein Geburtstort, ich bin ein echter Öcher. Ich war an der Grundschule Beeckstraße, dann am Pius-Gymnasium und an der RWTH. Wenn man hier mittendrin aufgewachsen ist, dann liebt man diese Stadt an jeder Ecke. Was ich vermisse? Wir müssen uns mehr Gedanken machen über Lärm und Schmutz, über Verwahrlosung. Ich glaube, dass Frau Keupen, unsere Oberbürgermeisterin, das im Blick hat.

Geburtsdatum: 11.4.1962

Geburtsort: Aachen

Familienstand: verheiratet zwei Kinder, ein Enkelkind

Beruf: Hochschullehrer und Unternehmer

Hobbys: kochen und lesen.

Porträt und Fragebogen sind in der September-Ausgabe des Stadtmagazins BAD AACHEN erschienen.

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