Kritik ja, aber…

Kritik ja, aber…

Wie gehen wir miteinander um? Entscheidend dafür ist der Alltag, sind Urteile über andere Menschen.

Die Staatsanwaltschaft Aachen hat die Ermittlungen gegen den ehemaligen Städteregionsrat Helmut Etschenberg (CDU) eingestellt. Es ist das gute Recht von Medien und Personen dies zu kritisieren, ja: auch massiv! Unbedingt! Aber nichts rechtfertigt persönliche Verunglimpfungen. Da hieß es diese Woche in einem Leserbrief, die CDU habe Etschenberg „in dieses hoch dotierte Amt gehievt“, als sei das eine unzulässige Bereicherung gewesen. Ein solches „Hieven“ hatte der damalige Kreisdirektor nicht nötig; denn Helmut Etschenberg wollte bei der Kommunalwahl 2009 gar nicht für dieses Amt kandidieren. Es war die erste Wahl nach der neu geschaffenen Städteregion Aachen. Lange galt ein Bürgermeister aus dem Kreis Aachen als Kandidat der CDU. Der aber sagte kurz vor der Wahl ab. So musste Etschenberg entgegen aller persönlichen Pläne und in aller Kürze „einspringen“. Auch 2014, als er mit 67 Jahren endlich aufhören und einen Teil seines Alltags nach Frankreich verlegen wollte, hatte die CDU noch immer keinen geeigneten neuen Kandidaten, und Etschenberg trat noch einmal an. Dafür braucht(e) er kein Mitleid, klar, aber mit „ins Amt hieven“ hatte das nichts zu tun. An dieser Stelle kann man allenfalls die CDU und ihre wenig vorausschauende Personalpolitik kritisieren.

Wenn am Ende einer langen und engagierten Arbeit in verschiedenen wichtigen Ämtern nur noch Fallbeil-Urteile wie „völlig ungeeignet“ bleiben, ist das keine ausreichende und objektive Abwägung zwischen Leistungen und Fehlern mehr. Kritik, ganz sicher auch an den tatsächlich seltsamen Gehaltssprüngen von Personalräten, ist mehr als angebracht, sie ist nötig und wichtig und richtig. Aber eine derart hemmungslose persönliche Diskreditierung offensichtlich selber vollkommen fehlerloser Menschen ist schlicht und einfach nicht verhältnismäßig. Wie gesagt: Kritik immer, auch persönliche, aber bitte keine verletzende. Das wäre ein Beitrag zu einer besseren Streitkultur.

11 Gedanken zu „Kritik ja, aber…

  1. danke für diesen Beitrag; vielen Mitmenschen aus dem Herzen gesprochen
    Menschen, die so unqualifizierte Äußerungen tätigen sollte man eigentlich total ignorieren

  2. Wunderbar auf den Punkt gebracht. Scheinbar bauen sich manche Medienvertreter einfach eine Meinung zurecht, um wahrgenommen werden zu wollen. Herr Mathieu, Chapeau!

  3. Bernd Mathieu hat mir mit seinem Artikel aus dem Herzen gesprochen. Schnell ist jemand verunglimpft – aber ein Freispruch/ Einstellung lässt bei vielen ein fades Gefühl zurück.
    Leider kann er sich dagegen nicht wehren – der gute Ruf ist hin.

  4. Ich danke Herrn Mathieu für seinen Beitrag und die klaren Worte. Helmut Etschenberg hat sich große Verdienste um die Entwicklung der Städteregion erworben . Er verdient es bei aller Kritik nicht, persönlich angegriffen zu werden.

  5. So stelle ich mir freien und unabhängigen Journalismus vor!
    Wenn man die Begründung der Staatsanwaltschaft komplett liest, erscheint die Story in einem ganz anderen Licht. Leider haben die beiden Journalisten den entscheidenden Teil dieser Begründung nicht zitiert. Die beiden Journalisten können von Bernd Mathieu noch einiges lernen.

  6. Leider gibt es immer noch MitbürgerInnen, die kritische Anmerkungen in einer Demokratie mit ebenso eitlen wie würdelosen Unterstellungen verwechseln! Dank an Bernd Mathieu und anderen, die dieses perverse demokratiezersetzende Statement entlarven!

  7. Besser kann man den Sachverhalt und die unsägliche Berichterstattung nicht kommentieren – vielen Dank dafür an dieser Stelle.
    Ein respektvoller Umgang ist die Basis für eine sachliche und ernstzunehmende Berichterstattung. Auf eine Stellungnahme der Christdemokraten und Politikern anderer Parteien, die seine Kompetenz geschätzt haben und seinen unermüdlichen, ausgleichenden Einsatz für die Städteregion zu würdigen wissen sollten, warte ich hoffentlich nicht vergebens.

  8. Über den ausgewogenen und klarstellenden Beitrag von Herrn Mathieu freue ich mich sehr.
    Eine kritische Diskussion in der Öffentlichkeit darf den Respekt vor dem Menschen nicht vermissen lassen.

  9. Danke für diesen sachlichen Beitrag, der ganz klar sagt, dass Kritik in unserer Demokratie zulässig, ja notwendig ist, aber gleichzeitig zeigt, wo die Grenzen liegen. Helmut Etschenberg hat in seiner Zuständigkeit viel für die Städteregion bewegt. Das kann nicht in Frage gestellt werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert