Frohe Botschaft? Frohe Botschaft!

Frohe Botschaft? Frohe Botschaft!

Das wirklich schwerwiegende Ensemble christlicher Werte bietet eine Menge Antworten. Man muss sie nur lesen, wahrnehmen und akzeptieren wollen.

Es ist die uns bekannte Grundhaltung der Nächstenliebe, die wir in der weltlichen Sprache Solidarität nennen. Und es ist die von der nicht sonderlich religiös geprägten Französischen Revolution gemeinte Brüderlichkeit.

Es sind, um die beiden anderen Begriffe aufzugreifen, auch die Freiheit des Individuums und die Gleichheit. „Gott kennt keine Rangordnung“, schreibt der Apostel Paulus in seinem Brief an die Gemeinden von Galatien.

Courage

Es handelt sich übrigens um jenen Brief, in dem sich Paulus öffentlich mit Petrus anlegt. Wörtlich heißt es: „Als Petrus später in Antiochia war, stellte ich ihn öffentlich zur Rede, weil sein Verhalten unentschuldbar war.“ (Galater 2:11-21)

Wie mutig! Das ist „Christencourage“, wie sie Hans Küng als besondere Form der Zivilcourage forderte. Er schrieb: „Courage kommt nicht von raison, sondern von coeur. Und mir scheint: Wer ständig allein der Vernunft folgt und nie das Herz sprechen lässt, wird selten Courage zeigen.“

Widerspruch

Nun sind wir mitten in der frohen Botschaft des couragierten Widerspruchs. Aber ausgerechnet die christlichen Kirchen, die bei allen Krisen, Problemen, Malaisen, Egoismen, Verwerfungen unsere Gesellschaft mehr denn je gefragt sein sollten, sind mit den nicht ansatzweise bewältigten eigenen Herausforderungen nahezu Totalausfälle.

Ihr unfassbar versagendes Krisenmanagement hat ihnen einen Verlust an Wertschätzung gebracht, der wahrscheinlich nicht mehr reparabel ist – ein Dilemma nicht nur für diejenigen, die der Kirche noch die Treue halten, sondern für den Zustand unserer Gesellschaft insgesamt. Und da müssen wir nicht nur über die russische Aggression und den Nahost-Konflikt, nicht über Kriege und Autokraten und Diktatoren reden. Wir selber stecken fest in einer Unbeweglichkeit, die unsere Zukunftsgestaltung zunehmend hemmt.

Wenn Politik nicht mehr in der Lage ist, ihre Ankündigungen und Versprechen auch nur ansatzweise zu realisieren, erleidet sie ein Schicksal, wie es jetzt täglich den aktuell Regierenden bescheinigt wird. Wahlergebnisse und Umfragen, die letztlich und schon viel zu lange nur noch die AfD im Aufwind sehen, sind eben nicht – wie Kanzler Scholz meinte – ein vorübergehendes Phänomen. Sie sind eine Gefahr für unsere Demokratie. Und die Renaissance konservativer Hochstimmung rund um Merz und Söder ist nicht Ausdruck eigener Stärke, sondern Ergebnis der Schwäche anderer.

Rechthaberei

Also werden die Parteien jedweder Couleur jenseits ihrer kurzatmigen Rechthaberei mehr auflegen müssen als die kleinkarierte Pepita-Welt wortreicher, jedoch nichtssagender Leerformeln. Ja: You never walk alone! Was für ein rhetorisches Gedöns.

Solche Schlagwörter reichen den Menschen. Politiker, die das nicht endlich, endlich kapieren, sind nicht zu retten, und deshalb werden sie von vielen nicht mehr gewählt. Die „Etablierten“ sollten über die Gründe für den AfD-Aufschwung und Wahlenthaltung ernsthafter nachdenken.

Wenn Politik und Medien und die Permanenz-Besserwisser diverser Talkshows sich nicht endlich bemühen, Demokratie neu zu beleben, werden immer mehr politische Entscheidungen zur ständigen Konfrontation mit den Unverstandenen, den Ungefragten und den Aufgeregten. Bereit sein für den Dialog, für die Information, die seriöse Kommunikation, statt des Von-oben-Herab und des Aneinander-vorbei-Redens, das muss die Antwort auf die schleichende Entfremdung von Politik und Gesellschaft sein.

Respekt

Die Geburt Jesu Christi war eine ziemlich spektakuläre Einmischung in die Angelegenheiten bestehender Gesellschaften mit ihren Normen, Hierarchien, Menschenrechtsverletzungen, mit dem gesamten Portfolio auch unserer Zeit, mit all seinen Vorurteilen, Feindbildern, Rücksichtslosigkeiten und dem verheerenden Mangel an Respekt. Es ist noch viel zu tun, gerade für uns Christen. Ein gesegnetes Weihnachtsfest!

3 Gedanken zu „Frohe Botschaft? Frohe Botschaft!

  1. Welch wahre Worte und treffend auf den Punkt gebracht. Mir wird schon jetzt Angst und Bange, wenn ich an den möglichen Rechtsruck bei den Europawahlen denke. Als in Norwegen Lebender bin ich davon Gott sei Dank nur sekundär betroffen. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Courage, die Dinge so beim Namen zu nennen. Frohe Weihnachten Ihnen und Ihren Lieben, Fritz Kuckartz

  2. Welch wahre Worte und treffend auf den Punkt gebracht
    Ich habe jetzt schon Angst und Bange, wenn ich an den möglichen Rechtsruck bei den Europawahlen denke. Als in Norwegen Lebender bin ich davon Gott sei Dank nur sekundär betroffen. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Courage, die Dinge so beim Namen zu nennen. Frohe Weihnachten Ihnen und Ihren Lieben, Fritz Kuckartz

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