Vom Schönen zum Wahren

Vom Schönen zum Wahren

Gedenkfeier im Neuen Schloss für Martin Walser: Die Einladung nach Stuttgart im Namen seiner Familie ist da. Über Martin Walser haben sich unmittelbar nach seinem Tod viele Kompetente, Inkompetente, Könner, Blender, Wohlwollende, Missgünstige, Würdigende, Herabwürdigende, eben schreibende und sprechende Menschen aller Art  geäußert. Kritisch, angemessen, zuweilen wenig differenziert, selten sogar vorsätzlich übel nachredend.

Wenn eine solche Einladung kommt mit dem so schönen, so typischen Foto auf der ersten Seite, erinnere ich mich natürlich an die Gespräche mit ihm in der Redaktion, bei Lesungen in Heimbach und Aachen, im Theater, bei Diskussionen und Interviews, beim Abendessen und bei einem guten Weißwein (seinem Lieblingstropfen Heida aus dem Wallis).

Er sprach gerne über Literatur, aber auch über Politik. Und man blättert in seinen Büchern und findet eine zur aktuellen Situation in Deutschland und Europa passende Stelle. „Die historische Reifeprüfung steht jetzt für alle Nationen bevor. Für uns formuliert: Deutsch sein und europäisch denken. Oder: Deutsch im europäischen Kontext, das ist die Steigerung des Nationalen ins Humane oder vom Natürlichen zum Sinnvollen oder vom Schönen zum Wahren. Vielleicht darf man schlicht sagen: Deutsch ist, dazulernen können.“ Das Zitat stammt aus dem Mai 2016.

Wie schön Walser Europa und seinen Wert in wenigen Worten beschreibt. Was für eine permanente Aufgabe und auch Mahnung: nicht nachzulassen, nicht aufzugeben.

Foto: Rowohlt Verlag

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