Moral. Eigentlich.
Jeden Abend: Brennpunkt, Spezial. Und: Lanz, Will, Illner, Maischberger, Plasberg. Politiker, Militärexperten, Botschafter, Wissenschaftler. Filmberichte vom entsetzlichen Grauen, das der Kriegsverbrecher und seine enthemmte Bande immer gnadenloser in die Werte zivilisierter Menschheit bomben.
Was bedeutet in diesen Tagen angesichts unserer tiefen Betroffenheit eigentlich Moral? Ist es unmoralisch, den ukrainischen Wunsch nach einer Flugverbotszone und dem damit verbundenen Abschuss russischer Kampflugzeuge zum Schutz der ukrainischen Bevökerung abzulehnen? Ist es unmoralisch, mit einer Zustimmung einen Atomkrieg auszulösen? Frage eins: ja. Frage zwei: ja.
Wir stecken nicht nur in einem politischen, strategischen und militärischen, sondern auch in einem moralischen Dilemma. Vieles scheint uns in diesen Tagen deshalb unlösbar. Ich habe in diesen unzähligen wichtigen Sendungen noch keine Persönlichkeit erlebt, die darauf eine überzeugende Antwort hat. Weil es keine gibt, wahrscheinlich.
Und was leisten wir in dieser uns alle so bedrückenden Lage selber, was können wir leisten, was wollen wir leisten? Sind wir bereit, die in diesem Punkt tatsächlich persönlichen Konsequenzen zu ziehen und den Stopp der russischen Gas- und Öllieferungen mit allen finanziellen Alltagsfolgen zu befürworten, um nicht weiter mit diesem Geld Putins Krieg zu finanzieren? Diskutieren wir ernsthaft die Frage, was es mittelfristig kostet, von Putins fossiler Energie unabhängig zu werden? Diese ehrliche und richtige Debatte beginnt allmählich – noch langsam, aber spürbar.
Es gibt so viele großartige Initiativen, Hilfsangebote, praktische Unterstützung: Unsere Zivilgesellschaft lebt Solidarität. Und sie geht auf die Straßen und Plätze und protestiert. Das ist ihre Antwort auf die Aggression. Andere organisieren Spendenaktionen und spenden selber. Das sind hervorragende Beiträge mitten in unserer Hilflosigkeit, Ohnmacht und gewiss auch Wut.