Ostern 2024
Nein. Anlass zu Optimismus in diesem Weltgeschehen ist noch immer nicht vorhanden. Real existierende gewaltsame Auseinandersetzungen dominieren alle gut gemeinten diplomatischen Bemühungen. Der europafreundliche polnische Ministerpräsident Donald Tusk spricht sogar von einer neuen „Vorkriegszeit“.
Es gibt auf der internationalen politischen Ebene kein Osterfest der Versöhnung und des Ausgleichs. Vor allem Wladimir Putin will das nicht. Die Sprache und die Körperhaltung des lupenreinen demokratischen Zaren sind deutlich und kompromisslos, sie sind aggressiv auf seinem skrupellosen Weg für „sein“ größeres Russland. Friedensfahrpläne hat er eingefroren, nicht den Krieg. Man sollte doch nun im Westen wissen, woran man ist mit ihm.
Die Provokation, die Lust an der Zerstörung der europäischen Ordnung bestimmen die aktuelle Zeit. Der Wert von Völkerverständigung, der Sinn des Dialogs und der kultivierten Problemlösung sind stumpfe Waffen einer überforderten EU und NATO. Der elende Fanatismus in Moskau, in Nahost und anderswo macht die Welt dauerhaft unsicherer und die demokratischen Gesellschaften anfälliger. Das zu verdrängen, darf uns nicht mehr gelingen.
Wir taumeln in einer absurden Phase sturer Verblendung, narzisstischen Machtgehabes, stupider Rechthaberei und grenzenloser Fälschung. Trotz des brutalen 20. Jahrhunderts blühen die Aggressionen stärker denn je auf. Niemand kann mehr sicher sein, dass der Ernstfall an der NATO-Grenze haltmacht.
Karfreitag und Ostern, Tod und Leben, Leid und Hoffnung, Schmerz und Jubel: Das ist mitten im Leben 2024. In internationalen Konflikten und in unserem persönlichen Alltag.
Die biblischen Stichwörter liefern uns eine Menge an aktuellen Befindlichkeiten des Menschseins. Es geht um Verrat (bei Petrus dreimal) und um Gier (Silberlinge), um Fanatismus („Kreuzige ihn!“) und um Angst („Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?!“). Und wir erfahren beim Studium der Bibel viel über Verhöhnung und Machtanspruch, unangenehme Eigenschaften, die uns jetzt täglich mit großer Wucht begegnen.
Die Bibel – was für ein Text! Auf der einen Seite herrschen mangelnde Solidarität, fehlender Mut und die Verzagtheit der Jünger, auf der anderen Seite die Ausdauer, die Loyalität und der Glaube der Frauen, die am Kreuz des sterbenden Jesus stehen. Was für eine zeitlos menschliche Dramaturgie, was für Wahrheiten. Es ist die Geschichte von Sieg und Niederlage, vom nicht fassbaren Sterben, vom Glauben an ein anderes Leben. Es ist auch das schöne Beispiel vom Verzeihen, wenn Jesus ausgerechnet den Jünger, der ihn dreimal verleugnet hat, zum Fels macht, auf den seine Kirche gebaut werden soll.
Da erfahren wir viel über Werte, die uns das Zusammenleben von Staaten und ihren Menschen leichter machen würden, wenn alle es nur wollten. Aber es wollen nicht alle. Unsere Demokratie braucht deshalb den Schub hin zu mehr Verteidigungsfähigkeit – mit Werten, mit Worten und gewiss auch mit Waffen.